Eine Chance für Kultur
Als 1985 bekannt wurde, dass die Fleiwa, die inzwischen zur Co op AG gehörte, wegen zu geringer Produktionskapazitäten und veralteter Anlagen umziehen würde, setzte sich die Stadt für den Verbleib in Oldenburg ein und stellte für den Neubau ein Grundstück in Tweelbäke zur Verfügung. Im Gegenzug für die großzügige Unterstützung ging das weitläufige zwölf Hektar große Gelände mit den 3,2 Hektar großen Fabrikgebäuden in den Besitz der Stadt über. Allerdings hatte die Stadt zunächst keine Vorstellung von einer sinnvollen Nachnutzung.
Der Leerstand ließ jedoch bei anderen Akteur:innen Einfallsreichtum entstehen. Seit September 1986 setzte sich die „Bürgerinitiative Kulturfabrik“ unter Sprecher Christian Wopp (1947-2012) dafür ein, auf dem Fleiwa-Gelände ein vernetztes Konzept zur Integration von Arbeiten, Kultur, Lernen und Wohnen umzusetzen. Die alten Fabrikgebäude sollten für kulturelle, bildungsorientierte und gemeinschaftliche Zwecke genutzt werden und ein Kunst- und Kommunikationszentrum, Wohnungen, alternative Gewerbebetriebe sowie Projekte im Bereich Ausbildung und Beschäftigung entstehen. Über zwei Jahre versuchte die Bürgerinitiative, Stadtrat und Verwaltung für das Projekt zu gewinnen und die kommunale Unterstützung durch die Deckung des jährlichen Zuschussbedarfs von rund 500.000 DM zu sichern. Doch die vielversprechende Idee einer „Kulturfabrik“, die heute ein lebendiges „Kulturquartier“ hätte sein können, fand trotz der Unterstützung der Grünen und der damals im Rat vertretenen DKP keine Mehrheit.
Ähnlich erging es dem Plan des Stadtmuseums, auf dem Gelände ein Industriemuseum einzurichten. Zunächst war geplant, im Kessel- und Maschinenhaus sowie im Wasserturm ein Industriemuseum einzurichten, in dem die örtlichen Industriezweige wie Eisengießerei, Glashütte, Spinnerei, Brauerei, Werft, Elektroindustrie, Seifen- und Tabakfabrik, Konservenfabrik usw. dokumentiert werden sollten. Ein entsprechender Ratsbeschluss wurde am 21. 09. 1992 gefasst. Für die Einrichtung des Industriemuseums wurden bereits Maschinen beschafft, die früher in Oldenburger Fabriken eingesetzt wurden, aber nicht mehr vorhanden waren. Nicht zuletzt wegen fehlender finanzieller Mittel wurde das Ziel der Einrichtung eines Industriemuseums bereits im Sommer 1994 aufgegeben.
Die Stadtverwaltung unter Oberstadtdirektor Heiko Wandscher verfolgte inzwischen andere Pläne. Das Gelände sollte weiterhin gewerblich genutzt werden. Die Fleiwa wurde 1988 zur Verwaltungsangelegenheit erklärt und somit nicht mehr öffentlich diskutiert. Ende der 90er Jahre zogen dann erste Einrichtungen ein. Das Technische Rathaus folgte 2001. Bis zur vollständigen Umnutzung zu einem Technologie- und Dienstleistungsstandort, der vor allem zwischen 2007 und 2010 stattfand, stand der überwiegende Teil der „Alte Fleiwa“ fast 20 Jahre leer.