Marschwegstadion

Der Marschweg durch die Ligen

 

Als der VfB Oldenburg mit Beginn der Saison 1991/92 das Marschwegstadion als seine neue Heimspielstätte bezog, blickte dieses schon auf eine langjährige Geschichte zurück.

Schon 1928 regte der damalige Geschäftsführer des Stadtausschusses für Leibesübungen, Wilhelm Braungardt, den Bau einer Sportanlage an. Zusammen mit den „Flussbadeanstalten“ an der Hunte sollte sie ein gemeinsames Zentrum für Wasser- und Rasensport bilden. Das geplante Vorhaben betrachtete Braungardt als eine „Stätte der Volksgesundheit, Lebensfreude und Naturschönheit“, die dem Landesstaat und seiner Hauptstadt Oldenburg Anerkennung im gesamten Deutschen Reich bescheren sollte.

Doch Braungardts Ideenskizzen sollten erst knapp zehn Jahre später im Rahmen stadtplanerischer Projekte der nationalsozialistischen Gauhauptstadt umgesetzt werden. 1939 forderte der damalige Oberbürgermeister Heinrich Rabeling eine Beschleunigung der Planungsarbeiten für ein Erholungszentrum nahe des Schlossgartens. Ein offizieller Beschluss zur Umsetzung erfolgte allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg: 1947 legten die Sportvereine des Kreissportbundes Oldenburg, die selbst aktiv in die Schaffung involviert werden wollten, dem Stadtrat einen entsprechenden Antrag vor. Am 9. Februar 1948 wurde der erste Spatenstich für den Bau gesetzt. Die offizielle Einweihung der Anlage erfolgte 1951.

Mit der Erweiterung der Sportanlage am Marschweg und deren Umwandlung in ein Stadion inklusive der Fußball- und Leichtathletikplätze entbrannte in den 1950er Jahren eine Debatte um den eigentlichen Zweck der Stätte. Nachdem sich weder die freien Sportvereine noch die Schulsportinitiativen mit ihren Forderungen zur jeweiligen Nutzung des Geländes durchsetzen konnten, erhielt das Marschwegstadion in den 1960er Jahren mit der überdachten Tribüne sein heutiges Aussehen.

Als 1991 der VfB Oldenburg von seiner bisherigen Heimspielstätte in Donnerschwee – genannt die „Hölle des Nordens“ – in das Marschwegstadion umzog, änderte sich die öffentliche Wahrnehmung des Ortes. Bislang vor allem als Mehrzweckstadion eingestuft, in dem auch Leichtathletikmeisterschaften stattfanden, wurde es mit dem Einzug des VfB nun hauptsächlich als Fußballstadion angesehen. Dies mag auch mit dem sportlichen Höhenflug des Vereins in der Zeit des Umzugs zu tun gehabt haben: Eine Saison zuvor, 1990/91 stieg der VfB unter Trainer Wolfgang Sidka und Manager Rudi Assauer nach einer Siegesserie in die 2. Fußball-Bundesliga auf. Die Erfolgswelle hielt jedoch nicht allzu lange an: nach nur einer Saison in der Profiliga kehrten sie 1992/93 wieder in die Oberliga zurück.

Mit Blick auf den Wiederaufstieg ließ die Stadt 1995/96 für 8 Millionen DM für die damaligen „zweitligatauglichen“ Ansprüche sanieren. Dazu wurde u.a. die Leichtathletikanlage verlegt. Zur Saison 1996/97 gelang dem Verein tatsächlich abermals der Aufstieg, aber auch hier konnte er sich nicht länger als ein Jahr im Oberhaus der Bundesliga halten. Bis zum Jahr 2007 konnte der VfB Oldenburg die aus dem Abstieg entstandenen Krisen, wie die finanziellen Schwierigkeiten, ein Insolvenzverfahren und den sportlichen Niedergang, erfolgreich abwenden bzw. überstehen. Als Stammgast der viertklassigen Regionalliga Nord seit der Saison 2012/13 hat der Verein nun im Juni 2022 den Aufstieg in die seit 2008 existente 3. Fußball-Bundesliga geschafft. Damit ist der Verein nach 25 Jahren wieder zurück im deutschen Profifußball.

Die Eignung des Marschwegstadions für dieses Szenario, das nun Realität geworden ist, wird mittlerweile seit mehreren Jahren heftig diskutiert. Viele der Eigenschaften des Stadions werden den heutigen Ansprüchen an einen Drittligaverein nicht mehr gerecht. Dazu zählt auch die fehlende Flutlichtanlage, die trotz immer wieder aufkommender Forderungen aufgrund der nahe gelegenen Autobahnabfahrt der A28 und der Gefahr geblendeter Autofahrer:innen nie installiert wurde. Auch der Untergrund des Geländes bereitet von Zeit zu Zeit Grund zur Sorge: da das Stadion auf einer ehemaligen Mülldeponie gebaut wurde besteht noch immer das Risiko von Bodenversackungen. Per Verordnung ist es am Marschweg außerdem verboten, ein Punktspiel nach 18 Uhr anzupfeifen. Das Fehlen einer Rasenheizung sowie die zu geringe Anzahl an Plätzen für Besucher:innen sind weitere Faktoren. Während sich die Politik in der Frage eines neuen Stadions an der Maastrichter Straße noch uneinig ist, fiebert der VfB Oldenburg einer ungewissen Zukunft entgegen. Immerhin hat der Zweitligist Hannover 96 dem Verein nun das eigene Stadion zur Verfügung gestellt, wo der VfB im Fall der Fälle die Oldenburger Fans in der kommenden Saison für Heimspiele empfangen kann. Der Wunsch nach einer schnellen Rückkehr an den Marschweg durch entsprechende Anpassungen des Stadions an die neuen Gegebenheiten bleibt jedoch bestehen.

Text: Alexander Duschek