Glashütte

Der Ofen ist aus!

 

Die Oldenburger Glashütte (OGA) stellte von 1845 bis 1983 verschiedene Produkte aus Glas her. In den Anfängen wurden in dem noch kleinen Handwerksbetrieb mundgeblasene Bierkrüge, Lampenzylinder und große Glasballonflaschen hergestellt. Mit Einzug des technologischen Fortschritts Ende des 19. Jahrhundert konnte die Glasflasche dann in Masse produziert werden. 15.000 Flaschen waren es jeden Tag. Die OGA war wirtschaftlich erfolgreich und wuchs zu einem der bedeutendsten Industriebetriebe in der Region heran. Bereits 1891 gehörte sie mit 664 Mitarbeiter:innen zu den größten Arbeitgebern.

Als Exporthütte hatte sich die OGA vor allem auf ausländische Absatzmärkte ausgerichtet. Es gab einen werkseigenen Hafen, der über einen Stichkanal mit der Hunte verbunden war. Mit gecharterten Segelschiffen wurden ab 1860 Flaschen nach Großbritannien, Irland, Spanien und Portugal befördert. Zusammen mit der benachbarten Warpsspinnerei gründete sie 1882 die Oldenburgisch-Portugiesische Dampfschiffs-Rhederei und konnte so noch mehr Waren exportieren. Zurück nach Oldenburg hatten die Schiffe Rohstoffe wie Kohle und Linoleum geladen.

Welche Rolle spielte der Ofen?

Das Zentrum einer Glashütte bildet der Schmelzofen. Hier werden Quarzsand, Kalk, Natron und andere Rohstoffe, die zur Glasherstellung benötigt werden, auf mindestens 1.600 C° erhitzt, sodass sie miteinander verschmelzen.

Hafenöfen (die tiegelartigen Schmelzgefäße werden Hafen genannt) wurden in Oldenburg bis 1882 verwendet. Diese produzierten chargenweise und nur am Tage und waren noch nicht für einen Schichtbetrieb geeignet. Denn neues Schmelzgut konnte immer erst eingelegt werden, wenn das geschmolzene Glas zur Weiterverarbeitung entfernt wurde und die Ofenwanne über Nacht deutlich heruntergekühlt wurde.

Mit der neuen Schmelzofentechnologie der Wannenöfen änderte sich das. Glas konnte in der Schmelzwanne rund um die Uhr  geschmolzen werden, weil es zur Weiterverarbeitung abgelassen werden konnte. Schmelzen und Verarbeiten war somit zeitgleich möglich und erlaubte die Umstellung auf Massenproduktion und Schichtarbeit.

Warum wurde die Glashütte geschlossen?

Bis 1913 erwarb die Oldenburger Glashütte drei Zweigwerke. Insgesamt war sie nun Arbeitgeber für 1.500 Menschen und wurde so zu einem der größten Hohlglasproduzenten Deutschlands. Im 1. Weltkrieg wurde die Produktion nur noch notdürftig aufrechterhalten. Es fehlten Fachkräfte und die Exportmärkte waren für deutsche Produkte geschlossen. Außerdem mangelte es an Roh- und Brennstoffen.

In dieser Zeit beteiligte sich der Marktführer in der Hohlglasproduktion, die Firma Gerresheim, mit großer Aktienmehrheit an der Oldenburger Glashütte, die in der Branche fortan keine große Rolle mehr spielte. Erstmals wurde das Werk 1932 wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt. Schon drei Jahre später wurde der Betrieb jedoch auf Druck der Nationalsozialisten wieder aufgenommen, um die hohe Arbeitslosigkeit in der Stadt abzumildern.

Die nächsten Jahre konnte der Betrieb trotz steigender Herstellungskosten und zunehmender Konkurrenz aus dem Ausland unter großen Schwierigkeiten aufrechterhalten werden. 1957 meldet die Glashütte Konkurs an. Aus Angst vor der Übernahme durch ein Konkurrenzunternehmen nimmt die Gerresheimer Glashütte die Produktion in ihrem Zweigwerk in Oldenburg schon ein Jahr später wieder auf. Das Werk wird modernisiert und im Spitzenjahr 1970 produzieren etwa 700 Mitarbeiter:innen täglich 1,2 Millionen Getränkeflaschen.

Die Gerresheimer Glas AG schloss ihre Zweigstelle in Oldenburg 1983 zum letzten Mal. Über 400 Mitarbeiter:innen und ein ganzer Stadtteil waren von der Schließung „ihrer Hütte“ betroffen, die fast 140 Jahre lang den Alltag Osternburgs geprägt hatte. 1986 übernahm der Autozulieferer Peguform (SMP) das Betriebsgelände. In einem historischen Gebäude, das an das ehemalige Glashüttengelände angrenzt, befindet sich seit 2019 die Firma Glaswerk Oldenburg GmbH, ein Coworking Space. Eine kleine Ausstellung erinnerte an diesem historischen Standort an die Geschichte der Glashütte. In Kooperation mit dem Stadtmuseum wurden originale Objekte wie Glasmacherpfeifen, Werkzeuge, Prototypen von Flaschen, Flaschenformen und die bekannten Einmachgläser gezeigt.

Text: Ria Glaue