Die Villen des Stadtmuseums als Baudenkmale
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Nein, das ist nicht die Telefonnummer des Stadtmuseums. Das ist die sogenannte Objekt-ID, also die Identifikationsnummer, der Francksen-Villa im Verzeichnis der Niedersächsischen Denkmale. Auch die Jürgens’sche Villa direkt nebenan hat eine Nummer: 37444357. Zusammen mit der Ballin’schen Villa ist die Häuserzeile sogar als „Gruppe baulicher Anlagen“ zusammen als Denkmal gelistet. Aber wie kam es dazu? Warum gelten diese Gebäude als Denkmal und die Häuser gegenüber in der Raiffeisenstraße nicht? Und was bedeutet eigentlich „Denkmal“ genau?
Beim Wort Denkmal schießen sicherlich dem einen Bilder von Büsten in den Kopf, die in Erinnerung an die Verdienste von herausragenden historischen Persönlichkeiten im öffentlichen Raum aufgestellt wurden. Andere wiederum assoziieren mit dem Begriff eher mahnende Skulpturen in Andenken an vergangene Kriege und die daraus folgenden tragischen menschlichen Verluste. Darüber hinaus gibt es allerdings auch die sogenannten Kulturdenkmale, wie zum Beispiel das Baudenkmal. Die historischen Villen an der Raiffeisenstraße gehören eben zu dieser Liste von Baudenkmalen in Oldenburg – und gleichzeitig sind sie auch Teil des Stadtmuseums Oldenburg.
Das Elternhaus des Museumsgründers Theodor Francksen wurde vom Architekten Gerhard Schnitger entworfen und 1877 errichtet, als die Raiffeisenstraße noch Rosenstraße hieß. Gerhard Schnitger war seiner Zeit Hofbaumeister von Oldenburg und in vielen Städten des Deutschen Kaiserreichs ein gefragter Architekt des spätklassizistischen Stils. Die sogenannte Francksen-Villa ist ein kunstvoll gestalteter Bau, gekennzeichnet von klaren Linien und Formen in Anlehnung an die Antike sowie von vielen architektonischen Schmuckelementen wie mythologischen Büsten, Ädikulä, Kragsteinen, Pilaster und vielen mehr. Die Jürgens’sche Villa dagegen ist sogar noch älter, gebaut 1853, im Stil jedoch ganz anders – eine klassische Oldenburger ‚Hundehütte‘. Im Jahr 1910 ließ Theodor Francksen beide Villen durch einen Zwischentrakt miteinander verbinden, um das von ihm gekaufte Nachbarhaus zum Bestandteil seines Museumskomplexes zu machen.
Baudenkmale stellen laut dem Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz (seit 1978) Gebäude dar, „an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht“ [NDSchG, §3 (2)]. Das bedeutet, dass man diese Häuser beispielsweise aufgrund ihrer Bauweise unter besonderen Schutz stellt. Kriterien hierfür können sowohl beeindruckende Handwerkskunst, architektonische Stile vergangener Epochen (z. B. durch regional bekannte und zeitgenössische Architekten) als auch manchmal das schiere Alter eines Bauwerks sein, welches es zu einem schützenswerten Objekt macht. Besonders wichtig ist aber die Nähe zur regionalen Kultur.
Der Wunsch, die Baukultur der Vergangenheit zu schützen und zu wahren, ist ein Zeichen des Respekts und der Wertschätzung der an den Bauten beteiligten Menschen, tatsächlich aber auch eine Frage der Ökologie. Mit dem Denkmalrecht wird unter anderem sichergestellt, dass keine Gebäude abgerissen werden, nur, weil sie beispielsweise den neuen Eigentümern nicht gefallen. Ganz im Gegenteil, werden die Denkmale im Sinne der Nachhaltigkeit geschont und für die Nachwelt erhalten.
Der Denkmalschutz ist jedoch nicht nur mit Rechten, sondern auch mit Pflichten verbunden. Kulturdenkmale unterliegen einer Erhaltungspflicht, die - wenn auch mit Einschränkungen - Auflagen erhält, das Gebäude zu pflegen und instand zu halten. Es wird zum Beispiel empfohlen, dass für die als Baudenkmal gewürdigten Bauten denkmalpflegerische Konzepte entwickelt und ggf. bauhistorische Experten für Sanierungen hinzugezogen werden. Gleichzeitig besteht das Recht auf besondere Rücksicht auf das Bauwerk: das zum Denkmal ernannte Gebäude darf nicht zerstört oder beliebig durch die Eigentümer:innen verändert werden. Für Fragen der rechtlichen Bedingungen, Klimasanierungen oder Restaurierungen im Rahmen der Instandhaltung und des Erhalts gibt es die eigens dafür entstandene Denkmalbehörde. Sie ist es auch, die entscheidet, ob und wann ein Bauwerk unter Denkmalschutz gestellt wird.
Ein bekanntes Oldenburger Beispiel hierfür ist das Wallkino. Obwohl der Eigentümer das Gebäude nicht als Denkmal versteht, wurden in der Tat durch mehrere Gerichtsbeschlüsse die Denkmaleigenschaft, die Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit des Gebäudes festgestellt. Im Urteil hieß es, das Gebäude bezeuge die Anfänge der Kinoarchitektur und seine teils original gebliebene Bauweise innen und außen rechtfertige ein „öffentliches Erhaltungsinteresse“ (Pressemitteilung der Stadt Oldenburg vom 28. November 2024). Nun ist der Eigentümer verpflichtet Sanierungsmaßnahmen einzuleiten.
Der Denkmalschutz besteht bei den beiden historischen Villen des heutigen Stadtmuseums erst seit dem Jahr 1985. Ihren besonderen Schutzstatus erhielten sie damit „fast” zu spät. So wurde die Francksen Villa tatsächlich im zweiten Weltkrieg von Artilleriegeschützen getroffen und teilweise am Dach beschädigt. Ebenfalls fielen in den sechziger Jahren sowohl der Wintergarten und die große Gartenanlage zugunsten der CCO-Tiefgarage bzw. der neuen Straße „Am Stadtmuseum” zum Opfer. Einen derartig massiven Eingriff in das Aussehen einer Anlage hätte vermutlich unter Denkmalschutz nicht oder nur sehr schwer erfolgen können. Allerdings ist der mögliche Anbau eines Fahrstuhls eine von der Denkmalbehörde gestattete Ausnahme, um für die Gäste eine größere Barrierefreiheit beim Museumsbesuch zu gewährleisten und das kulturelle Erlebnis für mehr Menschen möglich zu machen.
Die Stadt Oldenburg hat knapp 2.000 Baudenkmale, darunter die vermutlich ältesten Gebäude in Oldenburg. Hierzu zählen die Burgstraße 13 von 1538 sowie das Oldenburger Wahrzeichen, der Lappan, aus dem Jahr 1467. Es sind Gebäude, die den Charakter einer Stadt, ihrer Geschichte und den Menschen, welche sie geprägt haben, ausmachen.
Der Tag des offenen Denkmals findet deutschlandweit jedes Jahr am 2. Sonntag im September statt. Auch wenn die historischen Villen des Stadtmuseums momentan durch die notwendige Sanierung nicht besichtigt werden können, so gibt es viele weitere interessante und erhaltenswerte Bauten in Oldenburg, bei denen sich ein Besuch lohnt.
Über einige der denkmalgeschützten Bauten und Orte in Oldenburg haben wir bereits geschrieben, zum Beispiel der Friedensplatz, das Lehrerseminar an der Peterstraße oder die drei Bären auf dem Schlossplatz.
Text: Lemya Demirkapi