Die 91er Straße

Auf der 91er sind wir Metropole.

 

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in der Garnisonstadt Oldenburg die „Großherzoglich-Oldenburgischen Truppen“ aufgestellt. Sie bestanden aus Infanterie, Artillerie und Kavallerie. Ein großer Teil dieser Truppen waren in der Stadt Oldenburg stationiert. Um die Truppen unterzubringen wurden Kasernen und andere Gebäude geschaffen: So wurde zum Beispiel 1819/1820 die erste Kaserne Oldenburgs, die Infanteriekaserne am Pferdemarkt, gebaut. Zwischenzeitlich wurde das Gebäude als Polizeiamt genutzt, heute befindet sich darin die Landesbibliothek. Zu Ehren des dort beherbergten 91er-Regiments, an das in Oldenburg mit weiteren Denkmalen erinnert wird, wurde die Straße an der Bahnstrecke nach ihm benannt.

Nachdem sich das Großherzogtum Oldenburg im Kampf gegen Österreich im Jahr 1866 auf die Seite Preußens gestellt hatte und Preußen gewann, musste Oldenburg dem Norddeutschen Bund beitreten. Damit gab das Großherzogtum seine Militärhoheit an das Königreich Preußen ab. Im Jahr 1867 wurden die Oldenburger Truppen in die Königlich-Preußische Armee eingegliedert. Dies war der Grund für die Umbenennung der Oldenburger Truppen: Von nun an gab es das „Oldenburgische Infanterieregiment Nr. 91“ und das „Oldenburgische Dragonerregiment Nr. 19“. Welche Bedeutung Sie einst für die Stadt Oldenburg hatten, zeigt sich mit der Benennung von Straßennamen, wie eben die 91er-Straße oder die Dragonerstraße.

Die Bahnschienen, die heute auf der Brücke oberhalb der Parkplätze entlang der 91er-Straße verlaufen, lagen bis in die Mitte der 1960er Jahre auf Straßenniveau und führten zu jener Zeit am Hotel „Neues Haus“ vorbei.

Das Hotel musste 1966, mitsamt seines Restaurants und dem großen Garten, dem Neubau des Finanzamtes weichen. Dessen Abriss wurde wiederum 2020 abgeschlossen und die neue Nutzung des Areals steht noch aus.

Die ehemaligen Bahnübergänge Raiffeisenstraße, Rosenstraße und Heiligengeiststraße sind ebenfalls Mitte der 1960er Jahre teilweise durch eine neue Verkehrsführung verändert worden. Die Raiffeisenstraße ist aus der Fahrtrichtung Pferdemarkt heute nicht mehr zugänglich und die Rosenstraße wurde umgebaut und zur Straße „Am Stadtmuseum“ umbenannt. Nur die Führung der Heiligengeiststraße, die 91er-Straße kreuzend und in die Einkaufszone führend, zeugt noch von den damaligen Bahnübergängen. Unter der Brücke an der Einfahrt zum Heiligengeistwall stand bis ins Jahr 1966 das Eiscafé "Chiamulera", mit Außengastronomie direkt an der Eisenbahnstrecke entlang der 91er-Straße. Heute ist dieser Platz der Standort des vietnamesischen Restaurants Viêt Phô. Dieser urban anmutende Ort wird von einigen Oldenburger:innen mit Metropolen wie Berlin oder Hamburg assoziiert.

Text: Claudius Mertins