Hauptfeuerwache am Julius-Mosen-Platz
Wer zuerst löscht...
Lange bevor die heute bekannte Berufsfeuerwehr und die freiwilligen Feuerwehren ihre Dienste zum Brandschutz und -bekämpfung ausführten, war das Löschen von Bränden aus heutiger Sicht eher chaotisch. Häuserbrände gehörten im 15. und 16. Jahrhundert nicht nur in Oldenburg gewissermaßen zur Normalität. Wo es brannte, wurde wohl gesündigt. Denn die Menschen gingen lange davon aus, dass ein Brand als Strafe Gottes anzusehen ist, dem wenig entgegenzusetzen war – außer ein frommes Leben. Oder Löscheimer.
Etwa ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts konnte nach mehrjährigen Verhandlungen zwischen der Stadt und dem Grafen eine Einigung erzielt werden. Am 23. April 1657 wurde die Gräflich Oldenburgische Feuerordnung verkündet, die sich vermutlich am Beispiel anderer Städte orientiert hatte. Wesentliche Bestandteile dieser Ordnung waren: Verhütung des Feuers, Bekämpfung des Feuers und Maßregeln nach gedämpftem Feuer. Im Brandfall rief der Graf seine Mannschaften auf den Plan, da diese weit besser ausgestattet waren als die Bürgerschaft.
Jedoch wurde auch eine Löschdienstpflicht eingeführt, die für alle Bürger galt und je nach Ausstattung den entsprechenden Einsatz verlangte. Besaß jemand Pferde, so war das Ziehen von Löschspritzen geboten. Für alle anderen war es verpflichtend, im Brandfall wassergefüllte Tubben (=Bottiche oder großer Eimer) bereitzustellen und nachzufüllen. Ganz nach dem Prinzip: Wer zuerst löscht, bekommt einen Reichstaler. Wer sich hingegen beim Stehlen erwischen ließ, dem drohte sogar die Todesstrafe.
Aber selbst die Verbreitung der Gräflich Oldenburgischen Feuerordnung konnte den großen Stadtbrand fast 20 Jahre später, im Juli 1676, keinen Einhalt gebieten. Das Feuer war verheerend, zerstörte hunderte Häuser und machte viele Menschen obdachlos. Über 100 Jahre dauerte es, bis Oldenburg wieder so viele Einwohner:innen hatte wie vor dem Stadtbrand. Auch hier war sich die Kirche sicher, dass die Blitzeinschläge, die den Brand verursachten, gottgewollt waren.
In den Jahrzehnten darauf wurden zahlreiche Feuerschutzvorschriften erlassen. Beispielsweise sollte durch eine Spritzenverordnung von 1686 die Organisation der Feuerlöschanstalten wieder besser geregelt werden. Denn nicht erst der große Stadtbrand hatte gezeigt, dass das Löschen von Bränden oftmals, aufgrund unklarer Verantwortlichkeiten und fehlender Löschtechnik, eher schlecht als recht ablief.
Auf Anweisung der dänischen Regierung wurde in den Jahren 1724, 1757 und 1769 das Rauchen auf der Straße und bei leicht brennenden Gebäuden verboten. Eine weitere Neuerung wurde durch die Verordnung von 1764 geregelt: Die „Verordnung, die Einführung einer General-Brandversicherungs-Societät in den Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst betreffend“ brachte später die Oldenburgische Landesbrandkasse hervor, die heute noch besteht.
Die Verpflichtungen im Brandfall, also die Bereitstellung von Löschtechnik und die Organisation von Einsätzen, wurde durch die wechselnden Herrschaftsverhältnisse beispielsweise durch die Franzosen 1811 immer wieder verändert. Die im Jahr 1799 von Herzog Peter Friedrich Ludwig unterzeichnete Brandverordnung für die Stadt Oldenburg mit dem Schwerpunkt auf Brandverhütung überdauerte die Zeit.
Nachdem sich Mitte des 19. Jahrhunderts in Hamburg eine beängstigende Brandkatastrophe abgespielt hatte, sollten die Feuerlöschanstalten der Stadt Oldenburg zur Sicherheit überprüft und verbessert werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen enthielten auch Überlegungen zu einer Berufsfeuerwehr. Aus Kostengründen wurde daraus nur eine Rettungsschar des Bürgerschützencorps Oldenburg, die sich für diese Aufgabe angeboten hatte. Nach dem deutsch-französischen Krieg wurde im Jahr 1876 per Gesetz geregelt, dass jede oldenburgische Gemeinde eigenes Löschgerät anschaffen und sich die männlichen Einwohner zwischen 18 und 50 Jahren zum Dienst daran verpflichten mussten. Freiwillige Feuerwehren konnten, wenn bereits vorhanden, diese Aufgaben in der jeweiligen Gemeinde übernehmen.
Am Heiligengeistwall, gegenüber des Julius-Mosen-Platzes, stand seit 1802 ein Spritzenhaus. Dieses sollte nun, basierend auf dem „Gesetz, betreffend feuerpolizeiliche Vorschriften“ von 1876, vergrößert und zeitgemäß ausgestattet werden. Der Stadtrat beschloss einen 30.000 Mark teuren Neubau, der im Jahr 1881 errichtet wurde. Das neue Gebäude brachte einige Jahre später auch die Diskussion um eine Berufsfeuerwehr wieder in Gang. Die neue Hauptfeuerwache verfügte über zahlreiche Ausfahrten direkt an der Kreuzung und grenzte hinten an die Haaren. Außerdem wurde die Feuerwache im Jahr 1884 mit telegraphischen Feuermeldestationen ausgestattet und bekam ein Jahr später die erste 16 m lange mechanische Leiter.
Zunächst wurde im Jahr 1897 ein aus zwölf Mann bestehender Löschzug aufgestellt, der sich aus Mitgliedern der im Jahr 1861 gegründeten Oldenburger Turnerfeuerwehr des Oldenburg Turnerbundes (OTB) zusammensetzte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Alter der Pflichtfeuerwehren für die Bürger noch einmal auf das 60. Lebensjahr heraufgesetzt, jedoch zeichnete sich die Umsetzung einer Berufsfeuerwehr zunehmend ab. Ab 1933 sollte der bestehende Löschzug in eine Berufsfeuerwehr umgewandelt werden, was 1937 offiziell beschlossen wurde. Obwohl der oldenburgische Minister für Inneres eine solche Einrichtung erst ab 100.000 Einwohner vorsah, machte er bei Oldenburg mit seinen damals 70.000 Bewohnern eine Ausnahme. Auf diese Weise fand die Bürgerfeuerwehr und die damit verbundene Löschdienstpflicht ihr Ende.
Die Feuerwehr befand sich bis Ende der 1940er Jahre in der 1881 erbauten Hauptfeuerwache am Heiligengeistwall und wurde dann in die ehemalige Kaserne in der Auguststraße verlegt. Hier war mehr Platz vorhanden, für Belegschaft, Technik und Fuhrpark. Die Stadt Oldenburg wuchs und damit auch die Notwendigkeit nach mehr Brandschutz. In den 1950er Jahren wurde die Hauptfeuerwache abgebrochen und das ehemalige Grundstück zweitweise als Park- und Grünfläche genutzt. Die heutigen Feuer- und Rettungswachen sind in der Stadt verteilt mit der Wache 1 in der Ibo-Koch-Straße.
Text: Claudius Mertins