Kloster Blankenburg

Ein Ort in Oldenburg!

 

Vor über 700 Jahren wurde am östlichen Stadtrand von Oldenburg ein Kloster gegründet. 1294 kaufte eine Gruppe Adliger und Beamter aus dem Bremer Raum dem damaligen Grafen Johann II. von Oldenburg das Stück Land ab und gründete ein Dominikaner-Kloster. Im Kloster lebten durchschnittlich etwa 24 Nonnen. Es handelte sich wie üblich überwiegend um alleinstehende Töchter aus gehobenem Stand, denn es musste ein hohes Eintrittsgeld gezahlt werden. Im Mittelalter war ein Kloster eines der wenigen möglichen Betätigungsfelder für alleinstehende Frauen. Hier konnten sie geschützt leben und als Mittlerinnen zum „Seelenheil“ tätig sein.

Die heute noch auf dem Gelände befindliche Klosterkirche stammt von 1868; der Vorgängerbau wurde wegen Baufälligkeit abgerissen. Die erste Kirche an dieser Stelle entstand 1334 / 35. Ab dem Ende des 14. Jahrhunderts geriet das Kloster in finanzielle Schwierigkeiten. Mehrere Überschwemmungen der nahe gelegenen Hunte verdarben die Ernten und kriegerische Unruhen verschlechterten die wirtschaftliche Lage bis zur zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gravierend. 1499 plünderte dann auch noch die sogenannte „Schwarze Garde“ die Klosteranlage und nahm unter anderem die beiden Altäre der Kirche mit. Die Söldner standen im Dienst verschiedener Grafen, um freie Bauernschaften der jeweiligen Grafschaft zu unterwerfen. Das Kloster stand grundsätzlich unter dem Schutz des Oldenburger Grafenhauses. Aber als der Graf den Lohn nicht mehr zahlen konnte, gab er das Kloster zur Plünderung frei, um damit seine Schulden begleichen zu können.

In ihrer Not übersandten die Nonnen 1508 einen Bettelbrief an den Bischof von Osnabrück und Paderborn und baten um Unterstützung mit Lebensmitteln und kirchlichen Gegenständen. Mit den Spenden konnte unter anderem ein neuer Altar in Auftrag gegeben werden. Dieser geschnitzte und bemalte Altar mit zwei beweglichen Flügeln befindet sich heute im Stadtmuseum. Er ist beinahe das einzige Überbleibsel aus der Zeit der Klosternutzung. Kurz nach Fertigstellung des Altars wurde die Aufgabe des Klosters beschlossen und es wurden keine neuen Nonnen mehr aufgenommen. 1577 verlor die Klosteranlage ihre kirchliche Funktion.

Im 16. Jahrhundert wurde das Gelände als gräfliche Befestigungsanlage mit Brauerei umgebaut. Graf Anton Günther (1583-1667) widmete den Komplex bald darauf in ein Armen- und Waisenhaus um und legte damit den Grundstein für die Nutzung des Geländes über die nächsten Jahrhunderte. Bis in die 1930er Jahre wurden die Gebäude als „Pflege- und Bewahranstalt“ für hilfebedürftige Menschen genutzt. Während des Nationalsozialismus wurden die Pflegebedürftigen in eine Anstalt in Wehnen (Ortsteil von Bad Zwischenahn) verlegt. In der ehemaligen Klosteranlage wurde kurzzeitig ein sogenanntes Hilfsdienstlager des SA-Arbeitsdienstes für arbeitslose Jugendliche eingerichtet. Offiziell diente die Anlage danach als Ausweichkrankenhaus für Patient:innen aus bombengeschädigten Krankenhäusern und Heimen. Einer Untersuchung zufolge wurden in dieser Zeit in Blankenburg gezielt Tötungen geistig behinderter Kinder durch Hunger und Vernachlässigung sowie weitere Verbrechen vorgenommen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Komplex kurzzeitig ein Tuberkulose-Krankenhaus. Von 1949 bis 1987 wurde ein Teil als städtisches Altenheim genutzt. Ein anderer Teil des Geländes diente dem Zentralkrankenhaus Bremen bis 1988 als psychiatrische Einrichtung. Ende der 1970er Jahre begannen deutschlandweit Reformen in der Langzeitpsychiatrie. In dem Zusammenhang wurde auch die Einrichtung in Blankenburg aufgelöst. Dort waren die Patient:innen körperlicher und psychischer Gewalt ausgesetzt, wurden mit Medikamenten ruhiggestellt, ans Bett gefesselt und völliger Reizarmut ausgesetzt. Dieser Umgang war in psychiatrischen Einrichtungen mehrere Jahrzehnte üblich.

Ab 1990 bis Mitte 2011 wurden die Gebäude, die überwiegend in den 1960er Jahren gebaut worden waren, vom Land Niedersachsen als Unterkunft für Asylbewerber:innen genutzt. Seit der großen Fluchtbewegung 2015 dient die ehemalige Klosteranlage in Teilen erneut als Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete am Standort Oldenburg. Aktuell leben hier rund 500 Menschen. Sie stammen überwiegend aus Syrien, dem Irak, Georgien und Afghanistan. Der Schwerpunkt liegt auf der Betreuung besonders schutzbedürftiger Personen, beispielsweise allein reisender Frauen, Frauen mit Kindern oder Personen mit psychischen Erkrankungen aufgrund traumatisierender Erfahrungen. Die Menschen, die hier ankommen, sind aus ihren Heimatländern geflohen, weil sie aus politischen und religiösen Gründen oder auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe Schutz suchen oder weil in ihrer Heimat Krieg herrscht. In der Erstaufnahmeeinrichtung erhalten die Menschen neben einer Grundversorgung Bildungs- und Freizeitangebote. Es gibt Kurse zur Schulvorbereitung für Kinder und Deutschkurse für Erwachsene, auch speziell für Frauen. Hier besteht eine Kooperation mit der Interkulturellen Arbeitsstelle IBIS e. V. Das Fußballtraining durch den VfB Oldenburg und andere ehrenamtliche Angebote müssen aufgrund der pandemischen Lage aktuell pausieren bzw. ganz abgesagt werden.

Text: Franziska Boegehold-Gude