Utkiek

Eine Halde mit drei Bergen

 

Willkommen auf dem höchsten Punkt Oldenburgs! Seit 2009 erstreckt sich im Süden des Stadtteils Osternburg und im Norden Kreyenbrücks auf 48 Hektar und auf einer Höhe von 30 Metern der erste und (bislang) einzige „Gebirgszug“ der Stadt. Doch anders als seine Gegenstücke im Harz, der Sächsischen Schweiz oder den Alpen fordern diese Berge von ihren Besteiger:innen nicht aufgrund des Anstiegs eine gute Kondition: der vielseitige Freizeitpark, der auf dem Gelände des Utkieks zu finden ist, wird seit seiner Errichtung immer wieder für sportliche Aktivitäten genutzt. Dazu zählt etwa der Osternburger Mittsommernachtslauf, an dem seit 2010 jedes Jahr auf einer Strecke von ca. 5,4 Kilometern durchschnittlich zwischen 150 und 400 Läufer:innen teilnehmen. Zudem ermöglicht seit 2012 auch ein Fitnessparcours körperliches Training. Dieser besteht aus fünf Geräten: Neben einem Balkenstufen-, einem Liegestütz- und einem Gleichgewichts-Trainer stehen außerdem ein Barrenholm und eine Balancierstrecke zur Verfügung.

Neben den sportlichen Möglichkeiten ist das Areal heute vor allem auch für seine kulturelle Nutzung bekannt. Ein beliebtes Angebot sind etwa die „Picknick-Konzerte“, bei denen der Utkiek als Open Air-Location diente. Auf einer Picknickdecke können Musikliebhaber:innen an drei Wochenenden Auftritte von Künstler:innen aus unterschiedlichen Genres genießen. Das Konzept konnte auch im Rahmen der pandemiebedingten Hygienevorschriften umgesetzt werden und fand daher bereits 2021 eine Fortführung.

Doch wie kam es nun überhaupt dazu, dass sich im Oldenburger Stadtraum, der nicht unbedingt für seine Erhebungen bekannt ist, drei in etwa gleich große Hügel auftun konnten? Die Erklärung dafür weist weder auf seismische Bewegungen des Untergrundes, noch auf vulkanische Phänomene oder Einschläge von Meteoriten hin. Die „Berge“, oder vielmehr Schüttkegel, sind menschgemacht.

1973 entstand dort, wo sich heute der Park befindet, eine große Müllhalde – die Deponie Eidechsenstraße. Bis zu diesem Zeitpunkt landwirtschaftlich genutzt, wurde die Fläche nun schrittweise zu einem gewaltigen Entsorgungsort. Seine stetig wachsenden Müllberge waren vor allem von der Autobahnabfahrt Kreyenbrück gut zu beobachten. Bei der Nutzung entstanden die drei Schüttkegel, die auch heute noch die Landschaft des Utkieks kennzeichnen. Zwei davon liegen im ehemaligen „Altfeld“ der Deponie, das bereits 1994 renaturiert wurde, einer im „Neufeld“, das eine Erweiterung darstellte und etwas höher als die Vorgängerkegel war.

Starker Geruch und im Umfeld des Geländes durch Wind oder Möwen verstreute Müllreste sorgten im Laufe der Zeit für viel Unmut über die Halde. Diese breitete sich immer weiter aus und wuchs vor allem in die Höhe. Daher erkannten auch bald die verantwortlichen Stellen, dass die gegenwärtige Inanspruchnahme der Fläche in dieser Form nicht von Dauer sein konnte. 2003 erfolgte schließlich eine Stilllegung des Entsorgungsbetriebs an diesem Ort. Schon im gleichen Jahr wurde ein landwirtschaftlicher Wettbewerb zur Nachfolgenutzung der Deponie ausgeschrieben. Aufgrund der Möglichkeit, die Schüttkegel mit Mutterboden bedecken zu können, entstand der Utkiek als das, wofür er heute geschätzt wird.

Der bisher dort abgeladene Bio- und Sondermüll wird seit der Schließung der Deponie Eidechsenstraße in die damals neu entstandene Abfallbeseitigungsanlage an der Holler Landstraße am Ostrand der Stadt gefahren. Als im August 2009 auch die Wertstoffannahmestelle dorthin umzog, verlor der Standort in Osternburg seine letzte Entsorgungsfunktion. Der städtische Restmüll wird heute auf die Deponie nach Mansie im Südwesten von Westerstede gebracht. Hier entsteht seitdem ein neuer Berg. Aufgrund der verhältnismäßig jungen Regelungen zur Mülltrennung, die erst seit 2015 gesetzlich vorgeschrieben sind, wächst dieser allerdings langsamer als die Osternburger Schüttkegel.

Heute ist der Utkiek nicht nur Freizeit- sondern auch Landschaftspark. Schon weniger als ein Jahr nach seiner Eröffnung war er als grüne Insel mit einer wilden Flora im Sommer 2010 Lebensraum für zahlreiche und sogar teilweise gefährdete Schmetterlingsarten geworden.

Ob als Rodelberg, Fitness-Strecke, Spielplatz, städtischer Garten oder Konzertwiese: Der Utkiek ist genau wegen dieser Vielfalt in allen Jahreszeiten ein besonderer Ort für Oldenburg. Sein Angebot entwickelt sich daher immer weiter: Schon jetzt plant die Stadt einen weiteren Sport- und Freizeitbereich. 

Text: Alexander Duschek