Hunte

Gegen den Strom

 

Die größten Fließgewässer im Oldenburger Stadtgebiet, in denen gefischt werden darf, sind die Hunte, der Küstenkanal, der Hemmelsbäker und der Osternburger Kanal, sowie die Haaren. Nahezu alle Angelgewässer der Stadt werden vom „Sportfischer-Verein Oldenburg e.V.“ (SFVO) bewirtschaftet, insgesamt 18 stehende und sieben Fließgewässer.

Der Verein wurde 1909 als Fischereischutzverein gegründet. In der Satzung heißt es zum Zweck des Vereins in §1.: „Der Fischerei-Schutz-Verein Oldenburg bezweckt die Förderung der Fischerei innerhalb seines Vereinsgebiets und in den von ihm bewirtschafteten Gewässern.“ Die Vereinsgründung ging unter anderem auf die Initiative des Großherzoglichen Staatsministeriums zurück, die den Fischereisachverständigen E. Konken mit der Kontrolle der Gewässer beauftragte. Dieser lud kurze Zeit darauf zur Gründungsversammlung in Grambergs Gasthof am Markt ein. 30 Männer zählten zu den Gründungsmitgliedern. Das wesentliche Anliegen des Fischereischutzes, der Schutz der natürlichen Gegebenheiten am und im Wasser, wurde schon gut 30 Jahre vorher im Fischerei-Gesetz von 1879 für das Herzogtum Oldenburg formuliert und deren Einhaltung konnte nun durch die Arbeit von Gewässerwarten des Vereins besser kontrolliert werden.

In den ersten Monaten nach der Gründung pachtete der Verein die städtischen Fischereigewässer und konnte auf seiner Hauptversammlung im Januar 1910 erstmals Fischereierlaubniskarten für Pachtstrecken an der „Unteren Hunte“, der „Oberen Hunte“, dem „Hunte-Ems-Kanal“ (heutiger Küstenkanal) und im inneren Stadtgebiet verteilen.

Um den Druck der Fischerei auf den Fischbestand und die Gewässer zu regulieren, wurden früh Maßnahmen des Fischereischutzes ergriffen. Der Zustand der Gewässer wurde überwacht und Verunreinigungen dokumentiert. Des Weiteren wurden bei sogenannten Besatzmaßnahmen regelmäßig gezielt Jungfische in die Gewässer eingesetzt und deren Entwicklung überwacht. Außerdem wurden Teilabschnitten mit sensiblen Biotopen oder Laichplätzen die fischereirechtliche Nutzung wieder entzogen, beziehungsweise als Schongebiete ausgewiesen. Auf der aktuellen Gewässerkarte des SFVO sind unter folgendem Link die Gewässerabschnitte, die nicht befischt werden dürfen, rot dargestellt: https://angeln-in.de/ihre-gewasserkarte?usid=29086.

Dass Eingriffe in den natürlichen Lebensraum der Fische zu einem großen Rückgang der Bestände führen kann, hatte man Ende des 19. Jahrhunderts mit den massiven Ausbauarbeiten der Weser und der Hunte zur Förderung der Binnenschifffahrt, lernen müssen. Begradigungen, Vertiefungen und Uferbefestigungen zerstörten ihren natürlichen Lebensraum, zum Beispiel die Laichplätze. Auch führte übermäßiges Düngen benachbarter landwirtschaftlicher Flächen zu schlechter Wasserqualität und hatte zur Folge, dass Fische, wie Meerforelle oder Lachs, aus vielen Gewässern im Oldenburger Raum verschwanden.

 

Auch erschwerten die Ausbau- und Befestigungsmaßnahmen durch die Anlage von Buhnen (kleine Dämme quer zur Fließrichtung) und der Beseitigung von Untiefen der gewerbsmäßigen Fischerei die Arbeit. Die bisherigen Fangtechniken mit Schleppnetzen und feststehenden Geräten waren technisch nicht mehr ohne weiteres möglich. Die Fischerei im Haupterwerb zu betreiben, lohnte sich für viele Fischer nicht mehr. Die Nachrichten für Stadt und Land Jever meldeten am 25. Oktober 1897 dazu: „Auf der Hunte hat, wie festgestellt ist, die Zahl der Berufsfischer in den letzten 5 Jahren über die Hälfte abgenommen, da die Fischerei als Hauptgewerbe eine Familie nicht mehr ernährt, wogegen eine bedeutende Zunahme der Gelegenheitsfischer zu verzeichnen ist.“

Auch das im Jahr 1927 gebaute Wasserkraftwerk an der Oberen Hunte zur Regulierung der Wasserstände von Küstenkanal, Hunte und Mühlenhunte, hat die natürliche Verbreitung der Meerforelle gestört. Zum Laichen steigt sie von der Nordsee über die Weser bis in kleinere Flüsse auf, um in Gruben in kiesigem Untergrund ihren Laich abzulegen. Die Jungfische bleiben ein bis fünf Jahre im Süßwasser und wandern dann wieder ins Meer ab, um mit der Geschlechtsreife erneut in die Süßwasserflüsse zu schwimmen.

Seit 2006 können Meerforellen und andere Fische dem Huntekraftwerk ausweichen und über eine nachträglich erbaute Fischtreppe stromaufwärts vom Unterlauf der Hunte zum Oberlauf zur Laichablage ziehen. Die „Fischaufstiegsanlage zur Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Hunte“ war ein wichtiger Schritt zur Wiederansiedlung von Meerforellen und wurde vom SFVO, der das Lachs- und Meerforellenprogramm des Landesfischereiverbandes finanziell und mit Arbeitsleistung unterstützt, gefördert.

Auf der Internetseite des SFVO heißt es zum Erfolg der Fischtreppe: „Ein Jahr zählten und protokollierten die Gewässerwarte des Vereins im Auftrag des NLWKN [Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz] täglich die im Fischpass aufsteigenden Fische. Es konnten Meerforellen nachgewiesen werden, die jetzt den Weg von der unteren in die obere Hunte fanden. Dies waren die Rückkehrer der Jungfische, die ca. 3 Jahre vorher im wildeshauser bzw. wardenburger (sic!) Gebiet ausgesetzt wurden. Als Jungfisch oder Smolt waren sie ca. 12 cm lang, jetzt waren sie teilweise 80 bis 90 cm groß.“

 

Weitere Bemühungen des Vereins, Meerforellen und anderen Salmoniden geeignete Laichplätze anzubieten, zeigen sich in der Anlage von Kiesbänken. Außerdem werden eigene Jungfische gezüchtet. Dazu steigen Elektrofischer des Vereins ins Wasser, betäuben die Fische für eine kurze Zeit und streifen schonend Eier und Samen ab. Dann werden die Eier in der vereinseigenen Brutanlage aufgezogen und als Jungfische in die Gewässer ausgesetzt – in der Hoffnung, dass die Tiere heranwachsen und in einigen Jahren zum Laichen den Weg zurück in die oldenburgische Hunte finden.

Text: Ria Glaue